Wie das Gold ins Emmental kam
In fast allen Kulturen der Geschichte besitzt Gold einen hohen symbolischen Wert. Entstanden ist es vor Jahrmilliarden in den Tiefen des Universums. Aber erst vor 10 bis 30 Millionen Jahren hat sich das Gold des Emmentals im Monte-Rosa-Gebiet auskristallisiert und ist durch grosse Urflüsse in die Napfregion transportiert worden.
Die Geschichte der Menschheit ist auch die Geschichte des Goldes. Kein anderer Stoff hat den Lauf der Geschichte so stark beeinflusst wie das Gold. Für Gold wurde gemordet, gestohlen und betrogen. Ganze Völker wurden unterdrückt und zu Sklavenarbeit gezwungen. Andererseits brachte Gold den Menschen auch Reichtum, Wohlstand und Freude. Aufgrund seines Glanzes, der Schwere und der scheinbaren Unvergänglichkeit wurde es in vielen Kulturen für Schmuck und kultische Gegenstände verwendet.
Für die alten Ägypter war Gold das Symbol für ewiges Leben, sie bezeichneten es deshalb auch als «Fleisch der Götter». Bei den Inkas galt Gold als «Schweissperlen der Sonne». Im christlichen Gedankengut steht Gold für Heiligkeit und Reinheit, denn das Metall bleibt auch dann rein, wenn es in Schmutz getaucht wird.
Gold ist aber auch ein Zeichen von Macht und Einfluss. Goldene Kronen sind seit gut 1000 Jahren Teil der europä-ischen Geschichte. Sie wurden im Mittelalter als eine von Gott verliehene Gabe angesehen, weshalb auch religiöse Würdenträger wie die Päpste nicht ohne Krone auskommen wollten.
Heute ist das Edelmetall nicht mehr nur ein Zeichen von Macht und Einfluss – dank seinen Eigenschaften ist es in Elektronik, Raumfahrt und Medizin nützlich.
Wie Gold entsteht
Früher glaubte man, dass Gold im Erdkern entstehe und durch einen Vulkanausbruch an die Oberfläche komme, wo es für uns sichtbar wird. Heute wissen wir aber, dass die Erde kein Gold produziert. Wie entstand das edle Metall denn wirklich und woher kommt es?
Nach dem Urknall vor 13,7 Milliarden Jahren gab es im Universum nur die leichten Elemente Wasserstoff und Helium. Weitere Elemente entstanden erst im Lauf von Jahrmilliarden durch gewaltige Sternexplosionen, sogenannte Supernovas. Für die Bildung von Gold wird jedoch mehr Energie benötigt, als bei einer Supernova freigesetzt wird.
Bei der Explosion eines massenreichen Sterns am Ende seiner Lebenszeit bleibt ein im Durchmesser rund 20 Kilometer grosser Neutronenstern zurück, dessen Massendichte enorm gross ist. Kollidieren und verschmelzen zwei Neutronensterne, entstehen Temperaturen von bis zu einer Billion Grad Celsius. Ein solches Ereignis fand rund 130 Millionen Lichtjahre von uns entfernt statt. Die dabei erzeugte Strahlung erreichte am 17. August 2017 die Erde. Es war der erste eindeutige Nachweis einer Verschmelzung zweier Neutronensterne. Weil dieses Ereignis von vielen verschiedenen Teleskopen und in allen Wellenlängen be-obachtet wurde, konnten die Astronomen ermitteln, wie viele schwere Elemente bei diesem Zusammenstoss entstanden sind. Allein an Gold erzeugte die Neutronenstern-Kollision wahrscheinlich gegen 200 Erdmassen. Gleichzeitig entstanden rund 500 Erdmassen an Platin und dazu weitere schwere Elemente.
Blick in die Milchstrasse über Machu Picchu, Peru. Bei insgesamt 100 bis 200 Milliarden Sternen in unserer Milchstrasse gibt es mehr als 100 Millionen Neutronensterne.
Wie das Gold in die Erde kam
Vor mehr als fünf Milliarden Jahren stiessen vermutlich in der Nähe unseres heutigen Sonnensystems zwei Neutronensterne zusammen. Die goldhaltige «Asche» dieses Ereignisses vermischte sich mit einer nahe gelegenen Gaswolke. So wurden die Bestandteile zusammengeführt, die später unser Sonnensystem bildeten.
Als sich die Erde vor 4,55 Milliarden Jahren bildete, war sie heiss und grösstenteils flüssig. Innerhalb von etwa 160 Millionen Jahren erstarrte das flüssige Gestein und bildete einen metallischen Kern, einen gesteinsreichen Mantel und eine erste Kruste. Nach gängiger Theorie sollen sich in dieser Phase das vorhandene Gold und die anderen Edelmetalle im Erdkern angereichert haben. Diese Elemente befinden sich heute aber in einer Menge im Erdmantel, die sich mit theoretischen Modellen der Erdentwicklung nicht erklären lässt. Forschende vermuten deshalb, dass das Gold, welches wir heutzutage auf der Erde finden, zum grossen Teil erst vor 3,8 bis 3,5 Milliarden Jahren durch Einschläge gewaltiger Meteoriten in den Erdmantel gelangt ist. Eine kleine Gruppe von Wissenschaftlern vertritt heute die These, dass das gesamte Gold schon immer in der Erde war. Während das meiste davon in den Erdkern wanderte, blieb ein Teil in einem 700 Kilometer tiefen «Magma- Ozean» im äusseren Erdmantel zurück. Durch magmatische und hydrothermale Tätigkeit wurde das Gold dann später in die Erdkruste gebracht.
Von den Alpen in den Napf
Seit ihrer Entstehung hat sich die Erde stark verändert: Berge, Meere und Kontinente sind entstanden und vergangen. Durch die Annäherung der afrikanischen an die europäische Kontinentalplatte wurden in der Erdkruste im Bereich der heutigen Alpen durch tektonische Prozesse Spalten aufgerissen. In Tiefen von 15 bis 20 Kilometern bildeten sich in aufgeheizten Gesteinen 450 bis 500 Grad Celsius heisse, wässerige, gold- und salzhaltige Lösungen, die durch die Spalten aufstiegen. In rund zehn Kilometern Tiefe und bei Gesteinstemperaturen von 250 bis 300 Grad Celsius kristallisierte das Gold zusammen mit Quarz, Pyrit und einigen weiteren Begleitmineralien aus.
Vor etwa 30 Millionen Jahren begannen sich die Alpen zu heben. Die einsetzende Erosion führte dazu, dass vor über zehn Millionen Jahren die obersten Bereiche der goldhaltigen Quarzgänge freigelegt wurden. Urflüsse transportierten das goldhaltige Gesteinsmaterial von den Alpen gegen Norden ins mittelländische Becken. So bildete die Ur-Aare mit Schutt und Geröll aus dem Monte-Rosa-Gebiet über Jahrmillionen den Napfschuttfächer. Aus dem vorerst lockeren Material entstanden im Laufe der Zeit festzementierte Sedimente wie Nagelfluh, Sandstein oder Mergel. Durch die Erosion wird die Nagelfluh erneut abgetragen und das Gold, vorwiegend eingebettet im sandigen Bindemittel der Nagelfluh, selten auch in deren Geröll, aus dem Gesteinsverband ausgeschwemmt. Zusammen mit den übrigen Schwermineralien wird es in den Kiesbänken der Bäche und Flüsse wieder abgelagert.
Durch die Emmentaler Bäche und die Emme werden die bunten Gerölle aus der Nagelfluh ausgewaschen. Zu finden sind darin neben kleinen Goldflittern auch Steine, die aus dem Urmeer Tethys stammen, das vor 150 Millionen Jahren den europäischen vom afrikanischen Kontinent trennte.
Noch liegen Millionenschätze im Boden
Gold ist noch heute im ganzen Alpenbogen von La Gardette bei Bourg-d’Oisans, Frankreich, über die oberitalienischen Täler, die Schweizer Alpen bis in die Hohen Tauern, Österreich, zu finden. Ein Abbau dieser Lagerstätten lohnt sich heutzutage jedoch nicht mehr.
In den südlichen Schweizer Alpen kommt Gold noch heute sichtbar als Freigold oder in Verbindung mit anderen Metallen als Golderz vor. Berggold wurde in der Schweiz in Salanfe und in Gondo im Wallis, in Astano und in Sessa im Tessin und am Calanda in Graubünden abgebaut. Auf der Nordseite der Alpen ist Gold nur als Wasch- oder Seifengold in den Bächen und Flüssen vom Genfersee bis zum Bodensee zu finden. Zu den Gebieten mit der ältesten Gewinnung von Waschgold gehören der Napf und die Region um Genf. Fast alle Napfbäche enthalten in ihren Geröllbänken winzige Goldblättchen. Selten weisen diese eine Grösse von mehr als acht Millimetern auf.
All die Anschwemmungen der Bäche und Flüsse bestehen aus weit über 100 Millionen Kubikmetern goldhaltigem Geschiebe. Es wird vermutet, dass der Wert des im Lockergestein befindlichen Goldes deshalb Millionen von Franken ausmachen dürfte.
Die Herkunft des Goldes in den Flüssen und Bächen rund um den Napf war bis vor 300 Jahren weitgehend unbekannt. Noch 1706 nahm Johann Jacob Scheuchzer in seiner «Naturgeschichte des Schweizerlandes» an, dass das Gold vor der Sintflut oben zutage gelegen sei, sodass man es mühelos sammeln konnte, es aber jetzt zerstreut und zerstückelt in der Erde liege.
Schon die Helvetier und die Römer suchten auf dem heutigen Gebiet der Schweiz nach Gold. Im 16. Jahrhundert verordnete der Stadtstaat Luzern, dass sämtliches Waschgold aus luzernischen Gewässern der Staatskasse abzuliefern sei. Wie man alten Abrechnungen entnehmen kann, lieferten die «Golder» von 1523 bis 1800 insgesamt 31,414 Kilogramm Gold ab, sicherlich wurde aber ein grosser Teil der Ausbeute auch schwarz gehandelt. Der Staat Bern verlangte von seinen Goldwäschern nur den «Zehnten» des gewaschenen Goldes. Aus den Staatsbüchern geht jedoch nicht hervor, ob jemals Gold an den Staat abgeliefert worden ist.
Seit Anfang der 1980er-Jahre ist Goldwaschen eine beliebte Freizeitbeschäftigung. Neben den alten Regionen Napf und Genf sind durch die Hobby-Goldwäscherinnen und -Goldwäscher weitere Gebiete in der Schweiz entdeckt worden, in denen nach Gold gesucht werden kann.
Text: Werner Lüthi, Präsident Verein Goldkammer Schweiz
Bilder: Christof Lüthi, Thomas Schüpbach, zvg