Fischerlegende Heinz Kneubühler
In Fischereikreisen gilt der heute 93-jährige Heinz Kneubühler als lebende Legende. Er war der bekannteste Schweizer «Caster» (Weit- und Zielwurf im Sportischen) und hat verschiedene bekannte Fischereiutensilien erfunden, hergestellt und in der ganzen Welt vertrieben.
Bereits sein Vater Hans begann 1925 mit der Produktion von Fischereiartikeln und machte sich 1930 selbstständig. Heinz war schon als Bube in die Arbeiten involviert, half mit beim Herstellen der Kneubühler-Löffel – ovale Kunstköder aus Kupfer, auch bekannt als «Blinker». In den Kriegsjahren, als viele Fischer für den Landesdienst eingezogen wurden, betreute er die 1940 installierte Brutanstalt in Burgdorf. So ist er nach und nach ins Metier hineingewachsen und wurde später zum technischen Leiter der Brutanstalt. Nach seiner Lehre in Solothurn und einem Jahr im Welschen begann er im Familienbetrieb als Werkstattmeister zu wirken. Seine Eltern führten hauptsächlich den Verkaufsladen, bevor der Betrieb Ende der 1960er an Heinz Kneubühlers Familie überging. Die Werkstatt mit den Maschinen betreibt er heute noch. An Wochenenden kommen Stammkunden vorbei, wenn sie einen Rutenspitz verloren haben oder es sonst etwas zu reparieren gilt. Die berühmten Kneubühler-Löffel hingegen produziert er schon länger nicht mehr. Abgesehen von Einzelstücken – Fantasie-Löffel, wie er sie nennt – die er aus Blechstreifen mit kleinen Schönheitsfehlern herstellt.
Es gibt fast nichts, das Heinz in seiner Werkstatt nicht reparieren könnte.
Traditionelles Handwerk und Innovation aus Burgdorf
In Fischereikreisen weitum bekannt ist der Name Kneubühler auch für den von Hand gebundenen Emmebäse – eine nachgeahmte Eintagsfliege, die für die ursprünglichste Form des Fischens verwendet wird. Eine Angel, eine Feder und ein Stück Faden reichen im Prinzip aus, um mit dem Emmebäse Fische zu fangen. Bauern in den Emmentaler Schachen verwendeten diese Fliegen schon über viele Jahre, bevor Heinz Kneubühlers Vater begann, den Emmebäse professionell herzustellen und zu vertreiben. Die ersten Ruten und Weitwurfrollen produzierten die Kneubühlers ab 1942. Rund zwanzig Hersteller gab es damals in der Schweiz. Die Produktinnovationen selber konnte man kaum schützen. Einzig den Markennamen. Das Prinzip wurde dann jeweils schnell kopiert. Man musste zu den Ersten und den Besten gehören, wenn man mit einer Neuerung am Markt bestehen wollte. Die Kneubühler-Fischereiartikel wurden zu jener Zeit bis nach Amerika exportiert. Erstmals produziert wurden die Weitwurfrollen in England. In Heinz Kneubühlers Sammlung befindet sich gar ein Exemplar aus dem Jahr 1913.
Qualität statt Massenware. Die Kneubühler-Produkte funktionieren auch nach vielen Jahrzenten noch einwandrei.
Sammlung von Geschichten und Fachwissen
Wie fest sich die Fischerei an der Emme verändert hat, merkt man, wenn Heinz Kneubühler von seinem Fischhandel erzählt. Neben dem Herstellen und Vertreiben von Fischereiartikeln verkaufte der Familienbetrieb Fische an Restaurants und an Private. So kam es auch, dass General Guisan höchstpersönlich eine vom jungen Heinz am Vormittag gefangene Forelle abends in einem Restaurant in Jegenstorf verspeiste. Die Forellen für ihren Fischhandel erhielten sie von Kunden, meist einfache Arbeiter, die ihre Waren mit Fischen bezahlten. Er schätzt, dass damals jährlich 40’000 bis 60’000 Forellen in der Emme gefangen wurden. Heute sind es noch zwischen 5000 und 6000 Stück. Wer sich mit Heinz Kneubühler zum Thema Fischerei unterhält, begibt sich auf eine faszinierende Zeitreise. Kaum jemand hat in diesem Bereich schon so viel gesehen und erlebt wie er. Er nahm Einsitz in zahlreichen Kommissionen und war geachteter politischer Berater zu Fragen des Schweizer Natur- und Gewässerschutzes. Heinz war auch der erste Geräteführer und betrieb die Elektrofischerei in der Folge über dreissig Jahre lang.
Text: Hubert Schacher
Bilder: Marco Meneghini